Trachealkanülenmanagement
Bei schweren Krankheitsverläufen z.B. einem Schlaganfall, Krebserkrankungen oder chronischen Lungenerkrankungen ist in einigen Fällen eine Versorgung mit einer Trachealkanüle mit oder ohne maschineller Beatmung notwendig.
Die logopädische Therapie in diesem besonderen Fachbereich ist enorm wichtig, um den Patienten auf dem Weg zur Entfernung der Trachealkanüle (Dekanülierung) zu begleiten. Zusätzlich liegt bei vielen Patienten eine schwere Schluckstörung (Dysphagie) vor, die vorab eine große Therapienotwendigkeit darstellt. Außerdem ist das Sprechen mit einer Trachealkanüle zunächst kaum bis gar nicht möglich!
Intensive und engmaschige Therapieintervalle sind hier besonders wichtig, um mit den Patienten schnell Fortschritte erreichen zu können.
In diesem Fachbereich legt Bona Lingua besonders großen Wert darauf, Patienten und Angehörigen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Dies beginnt mit einer umfassenden Aufklärung über die therapeutischen Möglichkeiten und Ziele der Therapie.
- Was ist Trachealkanülenmanagement?
- Warum braucht man eine Trachealkanüle und wozu dient sie?
- Was bedeutet Blockung?
- Was ist ein Cuff?
- Kann man mit einer Trachealkanüle sprechen?
- Kann man mit einer Trachealkanüle schlucken?
- Kann man mit einer Trachealkanüle essen und trinken?
- Warum muss beim Tragen einer Trachealkanüle abgesaugt werden?
- Wann nutzt man welche Trachealkanüle?
- Wer darf eine Trachealkanüle wechseln?
- Wie oft wird eine Trachealkanüle gewechselt?
- Trachealkanülen und Beatmung
- Wann und warum muss man beatmet werden?
- Wer hilft beim Umgang mit Trachealkanülen und Beatmung?
- Wann kann eine Trachealkanüle entfernt werden?
- Was macht ein Logopäde beim Trachealkanülenmanagement?
Was ist Trachealkanülenmanagement?
Eine Trachealkanüle (Abkürzung: TK) ist ein gebogenes Röhrchen, früher aus Metall, heute meist aus Kunststoff hergestellt, was bei einem Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) dem Betroffenen in die Luftröhre (Trachea) eingesetzt wird. Unter dem Trachealkanülenmanagement versteht man entsprechend den pflegerischen und therapeutischen Umgang mit einer solchen Trachealkanüle.
Warum braucht man eine Trachealkanüle und wozu dient sie?
Eine Trachealkanüle braucht man zum einen dann, wenn man nicht mehr selbständig atmen kann bzw. über einen längeren Zeitraum beatmet werden muss, z.B. bei einer respiratorischen Insuffizienz (Störung beim Gasaustausch der Lunge), Verlegungen des Kehlkopfes, Atemwegserkrankungen oder nach Unfällen und Hirnblutungen. Um die Atemwege und damit die gesamte Atmung sicher zu stellen, legt man eine Trachealkanüle.
Zum anderen dient sie dazu, die Lunge und tiefen Atemwege bei einer Schluckstörung vor dem Eindringen von Fremdmaterial wie Speichel und/oder Nahrung (Aspiration) zu schützen. Sie soll das Risiko einer Lungenentzündung reduzieren.
Was bedeutet Blockung?
Unter einer Blockung bzw. einer geblockten Trachealkanüle versteht man, dass die Luft beim Ein- und Ausatmen nur über das Tracheostoma (das Öffnung im Hals, in dem die Trachealkanüle sitzt) fließen kann. Es gelangt demnach keine Luft durch den Kehlkopf, den Mund und die Nase, es kann daher nicht gesprochen werden.
Das liegt daran, dass die Blockung einen wichtigen Sinn hat: Um die Trachealkanüle liegt eine kleine aufgepustete Manschette, auch Cuff genannt. Diese Manschette soll verhindern, dass z.B. Speichel im Rahmen einer Schluckstörung über die Luftröhre (Trachea) hinab in die Lunge gelangt. Der Speichel “sammelt” sich auf dieser und kann von dort aus weitestgehend abgesaugt werden. Daher wird vor allem bei Betroffenen mit einer schweren Schluckstörung (Dysphagie) eine geblockte Trachealkanüle verwendet.
Eine der größten Komplikationen ist die Lungenentzündung, die u.a. durch Speichel und/oder Nahrung in der Lunge entstehen kann. Dieses gilt es mit der Blockung so gut es geht vorzubeugen.
Was ist ein Cuff?
Der Cuff (engl. Manschette) sieht wie ein kleiner ausgepusteter Ballon aus und liegt um die Trachealkanüle. Er dient dem Schutz der tiefen Atemwege vor eindringendem Material und schafft einen Druckausgleich, damit die Schleimhäute in der Luftröhre (Trachea) nicht verletzt werden.
Der Druck des Cuffs kann von außen mit einem Cuffdruckmesser eingestellt und reguliert werden.
Kann man mit einer Trachealkanüle sprechen?
Ja und nein, hier kommt es ganz darauf an. Ist eine Trachealkanüle geblockt, dann kann der Betroffene nicht sprechen. Bei einer geblockten Trachealkanüle entweicht die Luft beim Ein- und Ausatmen ausschließlich über die Trachealkanüle, es geht demnach keine Luft durch den Kehlkopf und den Mundraum, sodass keine Stimme produziert werden kann.
Es ist jedoch möglich, mit Hilfe eines Sprechventils und indem man die Luft aus dem Cuff entfernt, die Luft über den Kehlkopf und Mundraum umzuleiten. Man spricht hier vom Entblocken der Kanüle. In dem Fall hat der Betroffene die Möglichkeit sich verbal zu äußern, sofern keine weiteren Sprach- und/oder Sprechstörungen vorliegen.
Kann man mit einer Trachealkanüle schlucken?
Ja. Das Schlucken wird durch das Einsetzen bzw. das Vorhandensein einer gut sitzenden Trachealkanüle erstmal nicht beeinträchtigt. Es kann allerdings vorkommen, dass die Schluckfrequenz mit einer Trachealkanüle niedriger ist als normal, d.h. das Schlucken löst sich seltener aus.
Eine der häufigsten Gründe für die Anlage eine Trachealkanüle ist jedoch eine schwere Schluckstörung (Dysphagie), die z.B. in Folge eines Schlaganfalls oder eines Schädel-Hirn-Traumata entstanden ist.
Kann man mit einer Trachealkanüle essen und trinken?
Rein anatomisch betrachtet ist das Essen und Trinken mit einer Trachealkanüle möglich. Da jedoch viele Patienten mit einer Trachealkanüle aufgrund einer schweren Schluckstörung versorgt sind, ist die Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeiten über den Mund meistens zunächst nicht möglich. Im Regelfall werden Betroffene daher über eine Magensonde (PEG) ernährt.
Im Verlauf der Logopädie wird das Schlucken von Speichel und später auch von Nahrung trainiert und erste Schluckversuche gestartet.
Die Trachealkanüle sollte bei den Schluckversuchen in der Logopädie entblockt sein, damit die Luft über den Kehlkopf fließen und somit ein Hustenstoß möglich ist, falls sich der Patient verschluckt.
Warum muss beim Tragen einer Trachealkanüle abgesaugt werden?
Betroffene mit einer schweren Dysphagie können häufig nicht eigenständig Sekret aus den Atemwegen abhusten. Durch das ineffektive Schlucken haben sie meist recht viel Speichel und Sekret, das sich im Rachen aufstauen kann. Dieses muss dann mittels eines Absauggerätes abgesaugt werden, um die Atemwege freizuhalten und möglichen Lungenentzündungen vorzubeugen.
Wann nutzt man welche Trachealkanüle?
Es gibt viele unterschiedliche Trachealkanülen und Anbieter bzw. Hersteller. Je nach Ursache und individuellen anatomischen Beschaffenheiten sollten Sie mit Ihrem Arzt und Logopäden besprechen, welche Kanüle sich am Besten eignet.
Man kann jedoch in zwei Hauptformen der Trachealkanülen unterscheiden: die Trachealkanüle mit und die Trachealkanüle ohne Blockung.
Patienten, die unter einer schweren Dysphagie leiden, bekommen eine Kanüle mit Blockung, damit die Lunge vor Aspiration (Eindringen von Fremdsubstanzen wie Speichel) geschützt wird.
Leidet jemand unter einer Atemwegserkrankung ohne Schluckstörung, braucht er die Blockung im Regelfall nicht.
Zusätzlich gibt es geblockte Trachealkanülen, die über eine subglottische Absaugung verfügen. Diese wird auch besonders bei Schluckstörungen empfohlen. Die subglottische Absaugung ist ein kleiner Schlauch, der bis zum Cuff geht und kurz davor aufhört. Sammelt sich auf dem Cuff Speichel, weil er nicht richtig geschluckt werden konnte, kann man ihn über diesen Schlauch gesondert absaugen.
Zusätzlich gibt es Kanülen mit Innenseelen. Das bedeutet, dass in der Kanüle noch ein weiteres Röhrchen vorhanden ist, was aber seperat entnommen werden kann. Diese Form der Trachealkanülen wird in der heimischen und außerklinischen Versorgung empfohlen. Manche dieser Innenseelen verfügen zudem über kleine Löcher, das sind die sogenannten gesiebten Innenseelen. Sie haben den Sinn, dass trotz Blockung ein wenig Atemluft zum Sprechen zur Verfügung steht, werden aber aufgrund ihrer Risiken (u.a. Einwachsen der Trachealkanüle in die Schleimhäute der Luftröhre) kritisch gesehen.
Wer darf eine Trachealkanüle wechseln?
Der Wechsel einer Trachealkanüle obliegt einem Arzt oder geschultem Pflegepersonal. Bei jedem Wechsel sollten immer mindestens zwei Personen anwesend sein.
Logopäden dürfen diese Aufgabe nur übernehmen, wenn der Arzt diese schriftlich an sie delegiert hat.
Generell sollte man darauf achten, dass derjenige gut und fundiert im Bereich der Trachealkanülen ausgebildet ist.
Wie oft wird eine Trachealkanüle gewechselt?
Dies wird sehr unterschiedlich gehandhabt und kommt auf die Art der Trachealkanüle an.
Hat jemand eine Trachealkanüle mit einer Innenseele, die täglich separat gereinigt werden kann, empfiehlt man den Hauptwechsel alle 28 Tage durchzuführen.
Ist derjenige mit einer Trachealkanüle ohne Innenseele versorgt, spricht man eher von maximal 10 Tagen, da sie relativ schnell mit Sekret verstopfen kann.
Ein Wechsel ist generell immer zu empfehlen bzw. dringend notwendig, wenn die Kanüle mit Sekret verlegt ist, der Betroffene schlecht Luft bekommt oder sie von außen schmutzig und unhygienisch wirkt, ganz unabhängig von der Anzahl der Tage.
Es sollte daher zu jeder Zeit eine Ersatzkanüle bereitliegen.
Trachealkanülen und Beatmung
Kann jemand über einen längeren Zeitraum (meist länger als 7 Tage) nicht eigenständig atmen, wird ihm eine Trachealkanüle gelegt, über die er dann mit einem Schlauch maschinell beatmet werden kann.
Das Ziel ist es, den Patienten im Verlauf wieder langsam von der Beatmung zu entwöhnen (wird medizinisch als Weaning bezeichnet).
Wann und warum muss man beatmet werden?
Eine Beatmung über ein Beatmungsgerät kann lebensrettend sein.
Ist man plötzlich nicht mehr in der Lage eigenständig ein- und auszuatmen (Ausfall der Spontanatmung), z.B. nach schweren Hirnschädigungen, nach Verletzungen des Kehlkopfs oder auch bei Lungenerkrankungen, kann dies übernommen werden.
Die Beatmung kann dann beispielsweise über eine Maske über Mund und Nase erfolgen, auch nicht-invasive Beatmung genannt, oder aber über einen Schlauch in der Luftröhre (invasive Beatmung). Dieser wird entweder direkt in die Luftröhre (Trachea) gelegt oder an eine eingesetzte Trachealkanüle angeschlossen.
Das Beatmungsgerät drückt dann die Luft in den Brustkorb des Patienten.
Welches Verfahren für wen in Frage kommt, entscheidet der betreuende Arzt.
Wer hilft beim Umgang mit Trachealkanülen und Beatmung?
Im gesamten Bereich der Beatmung und Trachealkanülen sollten Ärzte, das Pflegepersonal und Logopäden von Beginn an eng zusammenarbeiten, um Sie und/oder Ihre Angehörigen bestmöglich zu beraten. Diese sollten für Sie immer ansprechbar sein.
Zudem können Sie Unterstützung bei den jeweiligen Versorgern bzw. Herstellern von Trachealkanülen finden.
Wann kann eine Trachealkanüle entfernt werden?
Damit eine Trachealkanüle wieder entfernt werden kann (man spricht dann von einer Dekanülierung), kommt es auf verschiedene Parameter an.
Es spielt z.B. die Ursache, weshalb die Trachealkanüle angelegt werden musste, eine große Rolle. Es gibt Erkrankungen, wie ALS, die fortschreitend sind und bei denen die Kanüle, wenn sie erstmal gelegt wurde, höchstwahrscheinlich nicht mehr entfernt werden kann. Es gibt aber auch Erkrankungen, wie z.B. einen Schlaganfall, wo die Trachealkanüle nur für eine bestimme Dauer notwendig ist, weil der Patient sich gut erholt.
Hat der Betroffene die Trachealkanüle aufgrund eines Atemausfalls und lernt aber wieder selbstständig zu atmen, kann die Kanüle bei erfolgreicher konstanter Spontanatmung entfernt werden.
Hat er sie, weil er unter einer schweren Dysphagie leidet, dann ist der Prozess ein anderer. Hier muss mittels sehr guter Logopädie der Schluckvorgang effizienter und effektiver werden, damit das Risiko einer Lungenentzündung minimiert wird. Parallel dazu gewöhnt der Logopäde den Patienten langsam wieder an die Atmung über den Mund und die Nase. Hierfür wird die Luft, die die Manschette um die Trachealkanüle aufgepustet hält, abgezogen. Dadurch gelangt mittels eines gesonderten Ventils, was von außen auf die Kanüle gesteckt wird, wieder Luft durch den Mund und die Nase. Dieser Vorgang nennt sich Entblocken.
Bevor schließlich dekanüliert werden kann, sollte man sich u.a. folgende Fragen stellen:
Kann der Patient dauerhaft eigenständig ein- und ausatmen bei konstant gutem Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid?
Kann der Patient seinen Speichel effektiv schlucken, ohne das dieser in die Lunge gelangt und die Gefahr einer Lungenentzündung besteht?
Kann der Patient sein Sekret eigenständig hochhusten?
Muss der Patient nicht mehr abgesaugt werden?
Die Entscheidung einer Dekanülierung sollten der Arzt, das Pflegepersonal sowie der Logopäde gemeinsam treffen.
Was macht ein Logopäde beim Trachealkanülenmanagement?
Die Aufgaben des Logopäden beim therapeutischen Trachealkanülenmanagement umfassen das Absaugen von Sekret über die Kanüle oder auch über das subglottische Absaugsystem, das Blocken und Entblocken der Kanüle und damit einhergehend das Arbeiten mit dem Sprechventil sowie die Umleitung der Luft durch den Kehlkopf, Mund und Nase.